Online-Beratungskompetenz aufbauen

… und die damit verbundenen Herausforderungen

Derzeit bleibt es wohl keinem wissensbasierten Dienstleister erspart, sich zu überlegen, wie er seine Dienstleistung trotz Einschränkung von persönlichem Kontakt, erbringen kann. In der praktischen Anwendung werden rasch viele Vorteile sichtbar. Bei der näheren Auseinandersetzung mit dem Thema stellen sich aber auch viele Fragen zu Risiken und Herausforderungen. Insbesondere wenn man sich mögliche Zukunftsszenarian vor Augen führt. Muss oder will man Beratungsleistungen online längerfristig erbringen, tut man gut daran einen Blick auf Risiken und Herausforderungen zu werfen.

Die Qual der Wahl…

Zu allererst stell sich die Frage: Welches der verfügbaren Online-Beratungstools ist für mich genau das richtige? – Die schier unendlich scheinende Anzahl von Anbietern erleichtert die Entscheidung nicht gerade. Daher gilt es auch hier, sich mit den möglichen Techniken vertraut zu machen, technisches Basiswissen aufzubauen, zu vertiefen, Erfahrungen zu sammeln und für sich zu evaluieren. Folgende Punkte mögen einen ersten Check zur Vorauswahl und zum Erarbeiten Ihrer eigenen Kriterien ermöglichen.

  • Zugangsmöglichkeiten und technischer Anspruch
  • Welche Funktionen sind unbedingt für meine Beratungen notwendig? Welche „nice to have“?
  • Wie Technik-affin sind meine Kunden? Gibt es für bestimmte Branchen meiner Kunden bereits etablierte Standardlösungen oder „Platzhirsche“?
  • Benötigt jeder Teilnehmer eine eigene Lizenz um an einem Online-Meeting teilzunehmen oder besteht auch die Möglichkeit, Gäste ohne Registrierung zum Meeting einzuladen?
  • Welche Interaktionsmöglichkeiten sind für meine Beratungen notwendig? Wie erfolgt die aktive Einbindung der Teilnehmer?
  • Sind Kommunikationstools wie Chat, Kleingruppen, etc. möglich?
  • Können Bildschirme, Präsentation, Multimediadaten oder sonstige Unterlagen geteilt und freigegeben werden?
  • Wie übersichtlich und einfach bedienbar ist die Oberfläche der Software?
  • Welche technischen Anforderungen an Geräte und Internetanbindung /Bandbreiten sind notwendig, um eine gute Übertragungsqualität zu gewährleisten?
  • Nutze ich den Video-Konferenzdienst nur für Ono2One-Beratungen oder auch für Kurse, Webinare, Trainings oder kongressähnliche Online-Events mit hunderten Teilnehmern?

Rechtliche Grundlagen prüfen

Das Kleingedruckte in den Lizenz- und Nutzungsbestimmungen sollte bei der Entscheidung jedenfalls genau berücksichtigt und hinterfragt werden.

  • Welche Lizenz benötige ich, meine Mitarbeiter und die Kunden bzw. TeilnehmerInnen?
  • Ist eine günstige oder kostenlose Einstiegslizenz auch für die gewerbliche Nutzung möglich?
  • Ist die Übertragung sicher und entspricht den aktuellen technischen Standards?
  • Sind Datenschutzerklärungen etc vorhanden und entsprechen die Bestimmungen den gültigen Regeln der DSGVO?

Online-Beratungskompetenz aufbauen

Eine technische Lösung zu suchen und anzubieten ist relativ rasch möglich. Der eigentliche Nutzen für Ihren Kunden entsteht aber aus der persönlichen Beratung durch Sie oder den jeweiligen Moderator und Sprecher, der sich über folgende Fragestellungen im Klaren sein sollte:

  • Wie sieht mein Gesprächsleitfaden oder mein Online-Beratungskonzept aus? Wo sind in diesem Ablauf jene Momente und Schlüsselinhalte, die für den Kunden den eigentlichen und größten Nutzen bringen?
  • Kenntnis über Anwendung und Stand der Technik im Bereich von Onlinepräsentationen. Kann ich meine Teilnehmer im Zuge der Beratung auch supporten, sollten sie Hilfe bei der Anwendung benötigen? Gibt es Backup- und Ausweichlösungen, um die Beratung weiterführen zu können, sollte es zu technischen Schwierigkeiten kommen?
  • Definiere für jedes Online-Meeting – wie auch für jeden bisherigen Geschäftstermin – deine persönlichen Ziele, deine Agenda und deine Gesprächsstrategie oder deinen Beratungsleitfaden!
  • Wirke aktiv der Versuchung von Beratungsklau entgegen! – Limitiere für dich, wie weit du in Vorleistung gehst und kommuniziere dein Entgegenkommen auch deinem Gegenüber. Wenn du den Rahmen der kostenlosen Beratungsleistungen beschränkst und dir am Gesprächsbeginn dazu auch die Zustimmung des Beratungspartners einholst, wird die Entscheidungsfrage nicht als „Kaufzwang“, sondern als selbstverständlicher Teil des Beratungsablaufes gesehen.

Definiere deine Form der Online-Beratung als Teil deines Geschäftsmodells.

Erfolgreich kann Online-Beratung nur dann sein, wenn es für deine Kunden einen Nutzen und Mehrwert stiftet und für dich als Unternehmer gewinnbringend funktioniert. Denke daher auch immer alle anderen erfolgsrelevanten Schritte vor und nach der eigentlichen Beratung in der Leistungskette mit.

  • Wie werde ich mittels Homepage und anderen Online-Marketingaktivitäten sichtbar und für meine Zielgruppen attraktiv? Welche hochwertigen Inhalte stelle ich bereit, um mich als Experte für mein Beratungsthema bekannt zu machen?
  • Welches Marketingkonzept unterstützt mein Geschäftsmodell bei der Lead-Generierung und Kundengewinnung? Gibt es dabei Maßnahmen, wie ich mit meinen Interessenten möglichst regelmäßig und automatisiert in Kontakt bleibe? Wie gut bin ich für Menschen, denen gerade meine Leistung helfen kann, über Suchmaschinen und andere Beschaffungsnetzwerke sichtbar und auffindbar?
  • Sind meine Abläufe multiplizierbar, das heißt sind meine Leistungen und Angebote auch bei erhöhter Nachfrage rasch und einfach verfügbar? Wie sieht es mit Krisensicherheit aus?
  • Welche Anforderungen haben meine Interessenten und Kunden? Gibt es in meinem Akquise- und Beratungsablauf Möglichkeiten deren Bedürfnisse kennenzulernen und zu verstehen, nach welchen Kriterien sie entscheiden und den Erfolg der Beratung messen?

Online-Beratung braucht Emotion!

Beratung – egal ob in einem persönlichen Treffen oder online – erfolgt immer von Mensch zu Mensch. Sie baut immer auf eine persönliche Beziehung zwischen Berater und Beratungskunden auf. Entscheidend sind nicht vordergründig die harten Fakten und das rationale Nutzenversprechen. Wie in jeder menschlichen Entscheidung „redet hier das Unterbewusstsein“ ein gehöriges Quantum mit, indem es über die emotionalen Schlüsselmomente stimuliert wird. Hier einige Ansätze, die helfen können, Ihre Online-Beratung emotional aufzuladen:

  • Ohne klare Positionierung geht auch im Online-Beratungsbusiness nichts. Der Beratungskunde will auch bei Wissen und Inputs, die er online einkauft, Klarheit, mit wem er es zu tun hat und wo die Expertise liegt!
  • Überschätze nie die Macht einer augenscheinlich innovativen Businessidee! – Welches Problem löse ich konkret für welchen Kunden in meiner Beratung? Wer profitiert davon oder hat schon profitiert? Was ist das Besondere an meiner Online-Beratungsleistung bzw. wie hebt sich mein Angebot von dem meiner Mitbewerber ab?
  • Wann und wie spreche ich meinen Beratungskunden über die Gefühlsebene an? Über Formen und Farben? Über Bildbotschaften? Welche Geschichten verpacke ich in meinen Praxisbeispielen? Wie oft entlocke ich meinem Beratungskunden ein Lächeln oder sonstige Gefühlsregungen während der Beratung?
  • Gelingt es mir möglichst alle Sinne des Beratungskunden anzusprechen? – z.B. über „Haptische Erlebnisse“ indem ich Arbeitsunterlagen vorab oder Berichte im Nachgang sende und eine kleine Aufmerksamkeit oder Überraschung beilege. Das könnte auch ein kleiner Arbeitsbehelf zum Thema oder ein Anwendungstool für den Alltag sein …
  • Vertrauen als Grundlage einer soliden und erfolgreichen Beratung. – Investieren Sie von Beginn an in diese Basis, indem Sie sich gemeinsam mit Ihrem Beratungskunden auf die Suche nach Gemeinsamkeiten begeben. Erzählen Sie in Ihrer Vorstellung auch von privaten Dingen, von Ihrer Familiensituation von Hobbys und bisherigen beruflichen Erfahrungen. Auch warum Sie Ihre Arbeit lieben …! Wenn Sie auch ihrem Gesprächspartner diese Möglichkeit bieten, finden sich garantiert mehrere Gemeinsamkeiten …
  • Nutzen Sie Folien und Präsentationshilfen, um zu emotionalisieren. Achten Sie aber darauf, dass die vorgestellten Inhalte ihr gesprochenes Wort illustrieren, ergänzen und vertiefen und nicht bloß ihre „Lesehilfe“ sind.

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